Kantig, exzentrisch, faszinierend – mein Eindruck von Bogotá

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Bogotá, die acht-Millionen-Hauptstadt Kolumbiens, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Dass ich nur zwei volle Tage in der Metropole verbracht habe, erschwert es zusätzlich, da ich so natürlich nur einen winzig kleinen Teil gesehen habe. Wieso ich nicht mehr Zeit in Bogotá verbracht habe? Wahrscheinlich haben mich die anderen Reisenden abgeschreckt, die mir im Vornherein allerlei Negatives über Bogotá erzählt haben und mir vermittelt haben, die Stadt sei gefährlich und nicht wirklich sehenswert.

Etwas Gutes hatten diese Geschichten aber: Ich bin mit sehr tiefen Erwartungen angekommen. Und wurde ziemlich schnell eines Besseren belehrt und in den Bann der Stadt gezogen.

Ich hoffe, dass es mir mit diesem Beitrag gelingt, euch meinen Eindruck Bogotás zu vermitteln und ein bisschen ein Gegengewicht zu allen kursierenden Schreckensgeschichten zu geben.

An meinem ersten Tag habe ich als Erstes – wie so oft, wenn ich in eine neue Stadt komme – eine Walking Tour gemacht und konnte mir so einen Überblick verschaffen und spannende Informationen erhalten.

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Dieses tiefe Gebäude mit dem Ziegeldach zum Beispiel war das erste Gefängnis Bogotás, das später zur ersten Jus-Fakultät Kolumbiens umfunktioniert wurde. Hier wurde unter anderem eine der ersten feministischen Heldinnen Kolumbiens eingesperrt und hingerichtet. Sie weigerte sich zu heiraten oder ins Kloster einzutreten und schloss sich anfangs 19. Jahrhundert der ersten Rebellengruppe an, die für die Unabhängigkeit Kolumbiens kämpfte und den ersten Angriff für die Freiheit verübte. Angeblich nutzte sie ausserdem ihre Weiblichkeit, um an Informationen über die Spanier heranzukommen.

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Diese Wand erinnert an einen der grossen Volkshelden Kolumbiens: Jorge Eliécer Gaitán. Er war ein sozialistischer Anwalt, der als einziger mutig genug war, die Mafia vor Gericht zu bringen, die damals viele Bauern töteten, um an smaragdreiche Grundstücke heranzukommen. El Caudillo („der Leader“), wie Gaitán auch genannt wird, verkörperte für die Bevölkerung die Vision eines gerechten und gleichberechtigten Kolumbiens. Nachdem er ein paar Jahre zuvor die Präsidentschaftswahlen verloren hatte, versuchte er es 1948 noch einmal und es war für alle klar, dass er dieses Mal gewählt werden würde. Als er aber am 9. April 1948 auf dem Weg zu einem Treffen mit dem jungen Fidel Castro war, wurde er auf offener Strasse mitten in Bogotá erschossen. Diese Bluttat zerstörte die Hoffnung vieler KolumbianerInnen auf ein friedliches Kolumbien und löste eine extreme Gewaltspirale („el Bogotazo“) aus. Die Leute gingen auf die Strasse, die Stadt wurde zerstört, der Bürgerkrieg zwischen Konservativen und Liberalen brach aus und die – heute immer noch existierenden – kommunistischen Guerillas wurden gegründet. In den folgenden fünfzehn Jahren starben nicht weniger als 200’000 Menschen in den Unruhen, die durch die Ermordung Gaitáns ausgelöst worden waren.

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Die engen Gässchen Candelarias, der sympathischen Altstadt Bogotás.

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Das älteste Haus Bogotás!

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In diesem wunderschönen Kolonialbau sind das Museo Botero und das Museo de la Moneda beherbergt. Ich bin ja ein grosser Fan von Botero, seine „disproportionalen“ Portraits finde ich einfach toll!

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Die Plaza de Bolívar, wo sich verschiedene Regierungsgebäude sowie der Oberste Gerichtshof befinden. Der Platz hat traurige Berühmtheit erlangt, als im November 1985 Mitglieder der M-19 Guerilla das Gerichtsgebäude stürmten, während sie wild um sich schossen und rund 300 Geiseln nahmen. Sie verlangten, dass der Präsident zum Gerichtsgebäude komme, um ihn wegen Korruption zur Rechenschaft zu ziehen. Der Präsident weigerte sich und sandte stattdessen Panzer, um die Geiseln zu befreien. Die traurige Bilanz nach nur eineinhalb blutigen Tagen: 11 tote Richter des Obersten Gerichtshofs, 48 tote Soldaten, 3 tote und 11 vermisste MitarbeiterInnen des Gerichtsgebäudes und 35 tote GuerillakämpferInnen.

Bis heute existieren ausserdem Theorien, dass Pablo Escobars Medellín Kartell auch seine Finger im Spiel gehabt hätte und die Guerilla dafür bezahlt hätte, dass sie belastende Dokumente im Gerichtsgebäude vernichteten. Diese Dokumente hätten zur Auslieferung der Kartellmitglieder an die USA führen können dank des kürzlich zuvor verabschiedeten Auslieferungsabkommen zwischen Kolumbien und den USA. Für das Kartell stellte diese Aussicht eine grosse Gefahr dar, da es in den USA keinen so starken Einfluss auf die öffentliche Hand hatte wie in Kolumbien.

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Nach der Walking Tour beschloss ich, mir das berühmte Museo del Oro (Goldmuseum) anzusehen, das mit mehr als 55’000 Ausstellungsstücken aus Gold aufwarten kann. Das Museum verschafft einen guten Einblick in die verschiedenen präkolumbischen Zivilisationen und ihre Verwendung des Goldes, wobei ich mir noch etwas mehr Tiefe in den Informationen gewünscht hätte.

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Das berühmteste Ausstellungsstück des ganzen Museums: das Goldfloss von Eldorado. Es stellt die Eldorado-Zeremonie dar, mit der der neue Anführer des Muisca Volkes eingesetzt wird. Sein ganzer Körper ist mit Goldstaub bedeckt und er wird in die Mitte des Guatavita-Sees gefahren, wo er zusammen mit Gold- und Edelsteinopfergaben ins Wasser springt. So gibt er der Mutter Erde ihre Geschenke zurück und bittet gleichzeitig darum, den Platz seines Vaters einzunehmen. Als die Spanier bei ihrer Ankunft in Kolumbien von dieser Zeremonie erfahren, glauben sie, die Völker würden das Gold aus Gier im See verstecken. Sie legen einen Grossteil des Sees trocken und holen über 60% des Goldes heraus.

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Mein nächster Programmpunkt: der Monserrate-Berg mit seiner eindrücklichen Aussicht über die riesige Stadt.

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Meine Begleitung bei der Entdeckung Bogotás: Siggie aus Deutschland und Derek aus den USA.

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Und dann kam der Moment, wo Bogotá endgültig mein Herz erobert hat: Wir schlenderten die Avenida 7 hoch, die voller Strassenkünstler, Essensständen, Marktschreiern und allerlei Kuriosem ist. Da hätte ich stundenlang durchspazieren, staunen und Essen probieren können!

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