Letzten Montag war es endlich soweit: Meine grosse Reise konnte beginnen!
Ich hatte das ganze Wochenende gepackt (und wieder umgepackt), wichtige Dokumente kopiert und eingescannt (und dann doch zuhause vergessen) und die Zeit mit meinen Liebsten noch einmal so richtig genossen.
Um 5 Uhr morgens fuhren wir alle zusammen an den Flughafen und nach einer kurzen aber doch ziemlich tränenreichen Verabschiedungsrunde ging ich durch die Passkontrolle und realisierte erstmals so richtig, dass ich nun die nächsten vier Monate alleine unterwegs sein würde. Nun gut, nicht ganz alleine und nicht ganz sofort, denn am selben Abend würde ich ja meinen Bruder Lukas in Boston treffen.
Bevor ich ihn aber in die Arme schliessen konnte, musste ich die rund 11 Stunden Reise über den grossen Teich bewältigen. Eigentlich fing alles ganz gut an, ich war genug früh am Flughafen, passierte die Sicherheitskontrolle ziemlich schnell und war pünktlich am Gate. Die Probleme begannen, als wir bereits alle im Flugzeug sassen und uns der Pilot mitteilte, dass wir erst in 1h15 losfliegen konnten, da es einen Start-Stau gab. „Na toll“, dachte ich, „so schaffe ich meinen Anschlussflug in Amsterdam nie!“ Gemäss Plan hatte ich nämlich 1h 50 min, um in Amsterdam umzusteigen und fand das schon ziemlich knapp. Mit der Verspätung würden mir nun noch 35 min bleiben. Und der Amsterdam Schiphol Flughafen ist riesig! Als die Crew aber die Leute um mich herum beruhigte, die alle auch Anschlüsse in Amsterdam hatten, dachte ich mir „Okay, vielleicht schaffe ich es ja doch auch.“ In der Luft irgendwo über Holland kam dann die nächste schlechte Nachricht: Da in Amsterdam wegen Instandhaltungsarbeiten nur eine einzige (!) Landebahn offen war, mussten wir 25 min über Rotterdam in der Warteschlaufe verharren, bis wir endlich landen konnten. Wer jetzt mitgerechnet hat, merkt, dass mir so genau noch 10 min blieben, um auf meinen Anschlussflug umzusteigen. Na gut, dann rannte ich halt. Rucksack am Rücken, Nackenkissen unter dem Arm, Handtasche umgehängt, Schal um den Hals gewickelt und die Wanderschuhe nur halb geschnürt sauste ich durch den Flughafen und kam schnaufend und schwitzend am USA-Gate an. Ja, USA-Gate. Es werden nämlich alle Fluggäste, die in die USA reisen, noch einmal gecheckt. Obwohl sie ESTA ausgefüllt hatten und den Pass bereits an der Passkontrolle kontrollieren lassen hatten. Okay, mir blieben noch 7 min, also sollten sie ihren blöden Check einfach so schnell wie möglich machen. Weit gefehlt! Der Beamte liess sich reichlich Zeit, befragte mich zu meinem Aufenthalt in den USA, meiner Weiterreise (Was geht es ihn eigentlich an, wie ich in Südamerika herumreisen werde?), meiner beruflichen Situation (WTF?) und allerlei Anderem. Natürlich wollte er auch alle Tickets und Bestätigungen sehen, die ich extra hervorkramen musste, und liess sich einfach generell extrem viel Zeit bei allem, was er machte. Irgendwann war er dann endlich zufrieden und schickte mich weiter, natürlich nicht ohne vorher noch einen Blick auf mein Ticket und die Abflugzeit geworfen zu haben. „Oh, 10:30? So you’ll have to run!“ – „Ach, was du nicht sagst!!“ Genervt rannte ich hinüber zum Abflugsgate, wo dann tatsächlich beim Scannen meines Boardingpasses „Boarding Denied“ aufblinkte. Super! Und alles nur wegen der blöden Zusatzkontrolle der Amerikaner! Die Schalterangestellte teilte mir dann aber mit, dass ich sehr wohl boarden könne, nur mein Aufgabegepäck – d.h. mein Rucksack, der alles enthielt, was ich die nächsten vier Monate zum Leben brauchte! – würde es leider nicht schaffen. Er würde aber noch am selben Tag oder spätestens am nächsten Tag nachgeschickt. „Okay“ dachte ich mir, „eine Nacht ohne meinen Rucksack werde ich wohl schaffen können.“ und ging ins Flugzeug. Die Reise war ziemlich unspektakulär, zog sich aber ewig hin, da ich mit einem Mittelsitz in der Mittelreihe so ziemlich den schlimmsten Platz hatte, den man haben kann. Ich konnte weder aufstehen, wann ich wollte, um mir die Füsse zu vertreten, noch konnte ich aus dem Fenster schauen. Tja, mit ein paar Filmen und einem kurzen Nickerchen konnte ich mir die Zeit irgendwie vertreiben und kam endlich am Boston Logan Airport an. Dort musste ich als erstes meinen verspäteten Rucksack melden und bekam eine Tracking Nummer, damit ich mich informieren konnte, wann er ankommen würde. Erst dann konnte ich aus der Flughafentür hinaustreten, in den wartenden Leuten nach Lukas Ausschau halten und ihn endlich in die Arme schliessen.
Leider war die Sache damit noch nicht gegessen, denn mein Rucksack kam weder an diesem noch am folgenden Tag sondern erst zwei Tage später in Boston an. Ich erspare euch die unzähligen Telefongespräche, die ich mit Delta Representatives geführt habe, die überflüssige Fahrt an den Flughafen und die erfolglosen Internet-Tracking-Versuche und sage einfach: Ich werde in Zukunft darauf achten, dass ich nicht mehr mit Delta fliege. Und ich hoffe, dass sie mir die Sachen, die ich kaufen musste, da ich zwei Tage ohne meinen Rucksack war, auch wirklich zurückerstatten werden (wie sie es mir am Telefon versprochen haben).
Nun aber endlich zu meiner Zeit in Boston! Ich kam also so gegen Mittag an, fuhr zu meinem AirBnB in Somerville (einem Wohnquartier/Vorort von Boston) und wurde von meinen Gastgebern herzlich begrüsst. Nach einer kurzen Verschnaufpause und einem Schuhwechsel (Freundlicherweise lieh mir meine Gastgeberin ihre Chucks aus, denn ich hatte ja nur die Wanderschuhe, die ich auf der Reise angehabt hatte!) gingen Lukas und ich los in Richtung Harvard Campus. Wir schlenderten durch den wunderbar grünen Campus und setzten uns dann in ein Café für ein etwas spätes Mittagessen/frühes Abendessen. An diesem ersten Tag reichte die Energie nicht mehr für viel mehr als eine – wie bereits erwähnt überflüssige – Fahrt zum Flughafen und eine lange heisse Dusche nach der ich erschöpft ins Bett fiel.
Am nächsten Morgen trafen Lukas und ich uns in der Stadt, um gemeinsam zu frühstücken. Da mein Handy kein Akku mehr hatte (das Ladekabel war auch im Rucksack) und ich noch null Orientierung in der neuen Stadt hatte, wartete ich eine halbe Stunde lang am falschen Ort, bevor ich mich entschloss, einmal ums Gebäude zu gehen und nach nur 100m auf Lukas traf. Wir frühstückten gemütlich im Panera in der Nähe des Hafens und gingen dann los, um die Whale Watch Tickets zu kaufen.
Bald schon konnten wir auf unser Boot gehen und schnappten uns gleich gute Plätze auf dem obersten Deck. Weil es so heiss war, fanden wir den Fahrtwind zu Beginn eigentlich ganz angenehm, irgendwann wurde das Boot aber so schnell, dass wir nach Drinnen flüchten mussten. Wir fuhren ca. eine Stunde lang aufs Meer hinaus, bis die Ausflugsbegleiterin endlich durchs Mikrofon verkündete, dass man nun auf der linken Seite die ersten Wale sehen könne. Alle sprangen sofort auf und drängten nach draussen. Und tatsächlich, ganz weit draussen im Meer konnte man die Atemfontänen von mehreren Walen erkennen. Aber das absolute Highlight war natürlich, als einer ganz nahe ans Boot herankam und uns sogar wunderschön seine Rückflosse zeigte!
Unsere restlichen Erlebnisse in Boston erzähle ich dann im nächsten Beitrag.
Und wer meinen Reiseplan ein bisschen im Kopf hat, weiss, dass ich seit gestern Abend nicht mehr in den USA sondern bereits in Kolumbien, genauer gesagt in Medellin bin. Dieses Mal hat die Reise einwandfrei geklappt, ich wurde am Flughafen bereits erwartet und dann zu meiner Gastfamilie gefahren.